Ein Leben in Schwarz-Weiß

Anmerkungen zu den „ewigen Farben“ des Linzer Athletik Sport Klubs. Ein Gastbeitrag von Günther Waldhör. 

Rückblende: Späte 1970er Jahre:

Meine Oma sitzt im Wohnzimmer und strickt. Und strickt. Und strickt immer weiter. Nur zwei verschiedenfarbige Wollknäuel liegen vor ihr. Sie strickt einen Schal, einen Balkenschal würde man ihn heute nennen. Und sie macht ihn lang. Richtig lang. Von Zeit zu Zeit darf ich probieren. Lange Zeit ist ihr der Schal nicht lang genug. Erst als ich ihn zweimal um den Hals wickeln muss, damit er bis zu den Füßen reicht und gerade nicht am Boden schleift, ist er lang genug. Noch Fäden dran an beide Enden – und freudig überreicht Oma mir das Geschenk. Warum ich so einen Schal brauche, versteht sie nicht ganz, von Fußball hat sie keine Ahnung, aber sie wusste, mit so einem Schal hat der Enkelsohn eine Freude. Die zwei Wollknäuel, die sie wahrscheinlich – ich weiß es nicht mehr – mehrfach nachkaufen musste, waren in Schwarz und in Weiß gehalten. Keine anderen Farben, kein Logo, kein Schriftzug…. – aber gefühlt jeder Linzer – Linzerinnen wohl zu jener Zeit noch deutlich weniger als über 40 Jahre später – wusste, was so ein Schal zu bedeuten hatte, wenn du damit auf die Straße gegangen bist. Du warst ein Schwarz-Weißer! Dass es sich dabei um einen Sportverein, um einen Fußballverein und ja, auch, dass es sich dabei um den LASK handelte, das war völlig klar. Besonders faszinierend waren die „Derby-Tage“ bzw. die Stunden und Tage davor. Da begannst du zu zählen – in der Schule, auf der Landstraße, im Bus hinauf auf die Gugl –, wie viele schwarz-weiße und wie viele blau-weiße Schals – ja, man muss ehrlicherweise feststellen, auch einige Schlümpfe hatten offenbar brave Omas – hast du heute schon gesehen? Damals wie heute sagen immer wieder Leute über mich oder zu mir: „Er ist ein Schwarz-Weißer!“ oder „Wie geht es deinen Schwarz-Weißen?“ LASK und „Schwarz-Weiße“ – das ist ein und dasselbe, das kann man synonym verwenden. Selbst in den offiziellen Programmheften der beiden englischen Top-Klubs, gegen die der LASK in der UEFA EUROPA League 2020 spielte – Manchester United und Tottenham Hotspur – wird in den Vorstellungen des Gastvereins immer wieder von den „Black and Whites“ gesprochen.

„Schwarz-Weiß – wie das Leben, so der Klub“ – 

dieser Spruch prangte Anfang der 2000er Jahre von einem Transparent am Stehplatz des Linzer Stadions. Und tatsächlich. Bei näherer Betrachtung kann mein Herzensklub gar keine anderen Farben die seinen nennen als Schwarz und Weiß und eine Prise Rot. Das Leben ist nie ganz dunkel, das Leben ist nie ganz hell. Es gibt immer Nuancen in die eine oder andere Richtung. In der Dunkelheit des Lebens nicht aufgeben, an das Licht am Ende des Tunnels glauben, in der Helligkeit des Lebens, wenn alles weiß und leicht scheint, es wohl genießen, aber nicht auf jene vergessen, für die es gerade jetzt dunkel ist und selbst nicht hochmütig werden. 

Lebensweisheiten ja – aber was hat das mit dem LASK zu tun? 

Der LASK ist seit jeher ein Klub der Extreme. Er schwingt sich zu ungeahnten lichten Höhen (weiß!) auf, um kurz darauf fast unterzugehen (schwarz!). Dem Totengräber gerade noch von der Schaufel gesprungen, strahlt er schon wieder wie Eltern über ihr Neugeborenes, lebt aber in der dauernden Gefahr des Übermuts wie ein sorgloses Kind in gefahrvoller Umgebung. Und dennoch gilt auch für den Klub: Ganz dunkel ist es nie, Lichtpunkte gibt es immer, ganz hell ist es nie, Fehler passieren immer. 

Die Psychologie der Farben verrät uns, dass Schwarz für das Bedrohliche, Dunkle steht. Man spricht auch von pechschwarz. Wie oft hatte dieser Verein schon Pech in entscheidenden Momenten? Oft aber war er auch selbst schuld und wurde zum „schwarzen Schaf“. So manch einer, der mit dem LASK zu tun hatte, ist schon der Verführung der Macht erlegen, aber mit Selbstbewusstsein und Eleganz erfolgte die Rückkehr ins Licht. Und dieses Licht umstrahlt den Klub zeitweise wie ein Heiligenschein.

 

Der Autor des Textes 1985 in Ostrava mit im Text erwähnten Schal.

Dann sind weiße Ritter am Werk, die das Flaggschiff des oberösterreichischen Sports flott machen, die der Jugend Idole zum Nacheifern bieten und vor allem der Stadt und dem Land einen Heimatverein, den Jung und Alt, Reich und Arm, Mann und Frau, Eltern und Kind lieben. 

Irgendwie passt es auch, dass die Vereinsfarben eigentlich gar keine Farben sind. Schwarz ist mehr Zustand als Farbe. Schwarz bedeutet die Abwesenheit aller Lichtquellen, auch der Heiligenschein spendet kein Licht mehr, er ist längst wieder zerbrochen. Wer von uns LASKlan hatte nicht schon öfters das Gefühl, dass keine Lichtquellen mehr da wären, im und um den Verein? Weiß wiederum absorbiert keine Farben, sondern reflektiert alle gleichzeitig. Das bedeutet, dass Weiß quasi alle Farben in sich trägt, ohne selbst eine zu sein. Diese Tatsache lässt die Farbpsychologie bei Weiß auch von einem Symbol der Vollkommenheit, ja des Göttlichen sprechen. 

Beim Göttlichen mag es jeder halten, wie er will, aber die „Farbe“ Weiß für das Leben in seinem vollen denkbaren Sinn und Schwarz für das Dunkle bis in den Tod hinein – da wären wir doch wieder bei „Schwarz und weiß – wie das Leben, so der Klub“.

Und wenn der aufmerksame Leser / die aufmerksame Leserin noch nach der Farbe Rot fragt, der die Psychologie mit Leidenschaft und Zorn, mit Liebe und Hass ebenfalls das ganze Spektrum des Lebens zuspricht? 

Dann sage ich voller Leidenschaft: Mir geht es wie wahrscheinlich Hunderttausenden in den letzten knapp 114 Jahren. Ob sich der Klub gerade in der schwarzen oder in der weißen Hemisphäre befindet – ich liebe den LASK, ich liebe die „Schwarz-Weißen“!

 

Ich danke der Initiative Schwarz-Weiss für ihre Liebe zum LASK, für ihren Respekt für die Geschichte unseres Klubs und für ihr wachsames Auge!

Ich wünsche der Initiative Schwarz-Weiss viele Gleichgesinnte unter den Verantwortlichen des Klubs, wie auch unter allen Schichten der Anhänger*innen, ebenso wünsche ich Geduld, Besonnenheit und einen langen Atem, die richtigen Aktionen und Reaktionen und dass sie sich selbst wieder überflüssig macht, weil die vier Buchstaben und die zwei Farben an den zentralen Stellen im Klub selbstverständlich und unveränderbar sind!

Dieser Text erschien auch in der April-Ausgabe des Athletickers, der über die Landstrassler nun auch via Facebook erhältlich ist und versandt wird. Ursprünglich war er aber für die Initiative Schwarz Weiss gedacht und erscheint daher nun auch bei uns - mit etwas zeitlichem Abstand.

INITIATIVE SCHWARZ-WEISS