"Orgiastischer Jubel": 90 Jahre österreichischer Amateurstaatsmeister

 

Heute vor 90 Jahren, am 18.10.1931, gelang dem LASK ein Titelgewinn, der nur den wenigsten Fans heute bekannt ist: Unsere Schwarz-Weißen wurden österreichischer Meister. Zwar handelte es sich dabei lediglich um die Amateurstaatsmeisterschaft, allerdings war jene für die professionellen Kicker bekanntlich lange Zeit den Mannschaften aus Wien vorbehalten. Der größtmögliche Erfolg für eine Mannschaft aus den Bundesländern wurde eingefahren. Der Athletikschreibklub hat sich für die Juli-Ausgabe des Athletiker auf Spurensuche gemacht, um vergessene schwarz-weiße Helden vor den Vorhang zu holen.

 

 Das Jahr 1965 ist im kollektiven Gedächtnis der LASK-Fans fest verankert. Dafür gibt es neben zwei offensichtlichen Gründen auch unzählige Geschichten, die von Generation zu Generation weitererzählt werden. Vom krassen Außenseiter aus der Provinz. Vom Wintertrainingslager in Obertraun, bei dem der Ball wohl nur in Form eines kiloschweren Medizinballs zum Einsatz kam, weswegen die Schwarz-Weißen aber im Frühjahr allen anderen Mannschaften konditionell überlegen waren. Von einer grandiosen Aufholjagd. Von der Verhandlung über die Meisterprämie mit dem Präsidenten. Vom ersten Verein, der der Bundeshauptstadt Cup und Teller entriss. Vom Empfang der Mannschaft auf der Blumau, als diese mit dem Zug in Linz ankam. Ja, 1965 ist zurecht als größtes und erfolgreichstes Jahr der Vereinsgeschichte in unserer Erinnerung. „Eintagsfliege! Ansonsten konnte der LASK ja keine großen Titel gewinnen!“ - könnte man denken. Okay, da waren einige oberösterreichische Landesmeistertitel, die in grauer Vorzeit errungen wurden. Zu dieser Zeit immerhin größter Titel, den eine Mannschaft aus Linz überhaupt gewinnen konnte.

„In Linz selbst war am Samstag in allen Sportkreisen eine erregte Stimmung"

 

Die aufmerksame Leserschaft wird jedoch schon an der Überschrift erkannt haben, dass es das doch noch nicht ganz gewesen ist. Wir schreiben das Jahr 1931. Die goldenen Zwanziger Jahre mit dem Wirtschaftswunder sind vorbei, in Europa ist der Faschismus am Beginn seines kurzfristigen Siegeszuges, Österreichs Fußball wird von Wien dominiert, das Nationalteam gehört zu den besten Mannschaften der Welt und seit 1929 wird mit der Österreichischen Amateurstaatsmeisterschaft erstmals ein landesweiter Bewerb ausgetragen, an dem die jeweiligen Meister der Bundesländer sowie die besten Amateurmannschaften Wiens teilnahmen. Da die „Österreichische“ Meisterschaft der professionellen Fußballer zu jener Zeit einer Wiener Stadtmeisterschaft glich und Mannschaften aus den Bundesländern nicht teilnahmeberechtigt waren, kann dieser Bewerb guten Gewissens als Umfassendster jener Zeit bezeichnet werden. Wenngleich die Wiener Mannschaften natürlich auf höherem Niveau Fußball spielten, so war es schlicht der größte Titel für jede Mannschaft, die dies nicht in der Hauptstadt tat. „In Linz selbst war am Samstag in allen Sportkreisen eine erregte Stimmung. Beim Friseur, beim Ober und beim Pikkolo im Kaffeehaus, in der Tabakfabrik, kurz überall wo Sportleute hinkamen, erhielt man Tipps. Die meisten lauteten günstig für die Linzer. Diese Erregung übertrug sich auch auf die Zuschauermassen, die schon lange vor 14:00 zum Sportplatz strömten.“ So beschrieb das Linzer Volksblatt die Stimmung in der Stadt am 20.10.1931 – der mögliche Erfolg nach dem 1:1 im Hinspiel gegen den GAK elektrisierte die ganze Stadt, womit die Frage nach der Relevanz dieses Titels bereits geklärt wäre. Linz war im Fußballfieber.

„Orgiastischer Jubel“

 

Doch wie kam es überhaupt dazu? Der LASK sicherte sich in der Saison 1930/31 zum insgesamt neunten Mal den oberösterreichischen Landesmeistertitel und war somit für die Amateurstaatsmeisterschaft qualifiziert. In der ersten Runde (es wurde im K.O.-System gespielt) war der FC Lustenau Gegner und konnte bezwungen werden, am Weg ins Finale stellte sich anschließend nur noch der Salzburger AK in den Weg, der nach hartem Kampf und drei Spielen voller Emotionen bezwungen wurde – der LASK war im Finale! Gegner im Finale war dann die wohl stärkste Mannschaft außerhalb Wiens dieser Zeit: der GAK. Zum Hinspiel reisten die Athletiker nach Graz und waren dort krasser Außenseiter, erreichten jedoch vor 2000 Fans ein 1:1 Unentschieden, das die Ausgangslage fürs Rückspiel offenhielt. Die Nachricht vom Ergebnis wenige Stunden nach Abpfiff versetzte Linz bereits in Aufruhr, zur Heimkehr der Mannschaft kurz vor Mitternacht schreibt die Linzer Tagespost: „Es fanden sich bei der Ankunft der Mannschaft um 23:00 Uhr viele Anhänger des LASK ein, die den braven Spielern Kundgebungen bereiteten.“ Eine Woche später kam es am Sportplatz an der Trabrennbahn zum Rückspiel. 3000 Zuschauer – eine für diese Zeit sehr hohe Zahl – wollten sich das nicht entgehen lassen und schon damals wurde man seinem späteren Beinamen „Stolz der Region“ gerecht, kamen doch die Anhänger nicht nur auf Anhängern, sondern auch mit Bahn, Bus und Auto aus allen Teilen des Bundeslandes und sogar aus Bayern und der Tschechoslowakei. Vor Spielbeginn wurde dem roten Kontrahenten aus Graz ein Bild mit Motiven der Linzer Oidstodt (ned von der von Graz oder der von Wien) geschenkt, was jedoch das letzte Gastgeschenk an diesem sonnigen Herbsttag gewesen sein sollte. Viel mehr führte die „beispiellose Aufopferung“ der Mannschaft zu „orgiastischem Jubel“, wie man den Zeitungen von damals entnehmen kann. 2:1 hieß es am Ende für die Athletiker, die damit den größten Titel der bisherigen Vereinsgeschichte errungen hatten und zu Helden wurden.

Drittgrößter Titel in 113 Jahren Vereinsgeschichte

 

Auch die Fans würdigten diesen Erfolg angemessen: „Die Zuschauer bejubeln den Treffer orgiastisch und werfen in überschäumender Begeisterung Hüte und Stöcke empor. Die ins Spielfeld vorstoßenden Jugendlichen müssen etwas handgreiflich abgedrängt werden.“ Warum dieser Titel derart in Vergessenheit geraten ist und vielen überhaupt kein Begriff mehr sein dürfte, hängt sicher auch mit den Erfolgen 1965 und dem Zusatz „Amateur“ zusammen. Dennoch ist es auch nach 113 Jahren Vereinsgeschichte noch immer der drittgrößte Titel, den unser Verein je erringen konnte. Mit diesem Artikel soll die damalige Mannschaft gewürdigt werden und der Erfolg 90 Jahre später zumindest im Rahmen unserer Möglichkeiten jene Aufmerksamkeit erhalten, den er verdient. Folgende Spieler haben den Erfolg für Schwarz-Weiß damals errungen: Hörschlager, Oder, Schaffelhofer, Winkler, Mayerhofer, Ruhs, Gurtner, Weiß, Mayböck, Jordan, Doppler, Watzke, Pfatschbacher Der Legendenstatus beim LASK sei euch gewiss. Der Schreibklub und die Initiative Schwarz-Weiß bedankt sich.

 

Fotoquelle:  Stenzel, Tagespost, 20.10.1931

 

INITIATIVE SCHWARZ-WEISS